Heimat- und Kulturabend 2024

Am 10. März veranstalteten wir unseren zweiten Heimat- und Kulturabend. Im Mittelpunkt standen zwei Vorträge über zwei in Sandhausen geborenen Persönlichkeiten und ein Vortrag über das Sperrholzwerk der Schneidmühle. Gehalten wurden die Vorträge durch unsere beiden langjährigen Vereinsmitglieder Rolf W. Maier, Historiker und ehemaliger Geschichtslehrer, und Wilfried Hager, der seit zwei Jahren Vorstandsmitglied bei uns ist und durch seine Berichte in den Gemeindenachrichten über unterschiedliche Sandhäuser Persönlichkeiten bekannt geworden ist. Ergänzend dazu hielt ebenso unser 2. Vorsitzender und langjähriges Vorstandsmitglied des Verkehrs- und Heimatvereins Günter Wittmann seinen Vortrag über die Schneidmühle. Er ist vor allem durch seine Ortskern-Duur und die Biggeles-Duur den Sandhäusern bekannt. Zusammen boten unsere Redner an diesem besagten Nachmittag unseren Gästen in der ehemaligen Synagoge ein informatives und anspruchsvolles Kulturprogramm. Auch deshalb war die Veranstaltung sehr gut besucht, weshalb wir uns sehr über das rege Interesse unserer Gäste erfreuten.

Die Inhalte der drei Vorträge über die Persönlichkeiten und der Schneidmühle haben wir für Sie in den folgenden drei Abschnitten kurz zusammengefasst. In nächster Zeit werden wir jedoch ausführlicher darüber berichten:

Rolf W. Maier sprach als erstes über eine bislang unbekannte Persönlichkeit aus Sandhausen. Sein Vortrag handelte über den Sandhäuser Johann Baptist Brettle (1848-1928). Er war Volksschullehrer und wurde sogar Ehrenbürger in Jöhlingen, heute Walzbachtal. Brettle erhielt nach seinem Studium seine erste Anstellung in Schatthausen. Dann zog er mit seiner Familie 1887 nach Jöhlingen. Dort war er zu Lebzeiten im Schuldienst. Aufgrund seiner Verdienste als Lehrer und nun 1897 auch Schulleiter überreichte der Bürgermeister Jöhlingens nach 32 Dienstjahren Johann Baptist Brettle im Jahr 1919 als ersten Bürger der Gemeinde die Ehrenbürgerschaft. 1928 verstarb Brettle in Jöhlingen und wurde dort beigesetzt.

Als zweiter sprach Günter Wittmann. Er widmete sein Thema der Industriegeschichte unserer Dünengemeinde. Er referierte über die wirtschaftlich wechselvolle Geschichte der Sperrholzfabrik "Schneidmihl“, welche sich 1858 im Areal entlang des heutigen Lattwegs befand. Das Unternehmen erlebte wirtschaftliche Höhen und Tiefen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war der Holzbetrieb wichtiger Zulieferer der Zigarrenindustrie, die auf die Lieferung von hochwertigen Zigarrenkisten und Furniere aus Holz angewiesen war. Damit bot das Werk vor Ort auch vielen Menschen ein geregeltes Einkommen. Nach dem Niedergang der Zigarrenindustrie konnte sich auch das Sägewerk nicht mehr wirtschaftlich halten und fiel 1966 einem Brand zum Opfer. Danach wurde es auch nicht mehr wiederaufgebaut, so dass das Werksgelände in den Folgejahren zu Bauland umgewandelt wurde. Heute erinnern die Straßennamen wie Lattweg, Philipp-Schmitt-Straße oder Schneidmühlstraße an das Sägewerk.

Den letzten Vortrag hielt an diesem späten Nachmittag Wilfried Hager. In Begleitung mit jiddischer Musik stellte zeichnete er das wechselvolle Leben des Sandhäuser Lehrers und Schriftstellers Ludwig Marx (1891-1964) ab. Dabei gab Wilfried Hager einschneidende Lebensstationen des Schriftstellers wieder, der Aspekte wie Jüdisch-Sein, KZ in Dachau, Exil in England und die Rückkehr in die Bundesrepublik thematisierte. Ludwig Marx entschied sich für eine Laufbahn im Schuldienst. 1920 erhielt er eine Stelle in St. Georgen im Schwarzwald. In den 1930er Jahren musste er als Jude den Schuldienst ohne Anspruch auf Pension quittieren. Nach seiner Inhaftierung in Dachau gelang ihm und seiner Familie die Ausreise nach England. Nach dem Weltkrieg kehrte er schließlich nach St Georgen zurück. Marx war zu Lebzeiten nicht nur als Lehrer tätig, sondern schrieb auch Gedichte. Seine Dichtertätigkeit hebt auch die besondere Bedeutung von Marx hervor, dessen Gedichte in einer kleinen Sammlung teilweise veröffentlicht wurden.

Für den VHV Jonas Scheid

 

Ausstellung zum zweimaligen Bürgermeister von Sandhausen Adam Mattern

in der Gemeindebibliothek in Sandhausen

Die Erinnerung an bedeutende Persönlichkeiten aus Sandhausen oder Personen, welche zu Sandhausen eine Verbindung haben, ist eine Aufgabe, welche sich der Verkehrs- und Heimatverein seit einiger Zeit widmet. So wurden in Veranstaltungen wie beim letzten Heimat- und Kulturabend des Heimatvereins in der ehemaligen Synagoge, beim Seniorennachmittag der Gemeinde an einige Persönlichkeiten erinnert. Als ein Pilotprojekt hat der Verein nun eine Ausstellung zum früheren Bürgermeister Adam Mattern erarbeitet. In vielen Stunden wurden zahlreiche Dokumente zusammengestellt, die das Leben unseres früheren Bürgermeisters ausführlich darstellen.

Der am 10. Mai 1890 in Sandhausen geborene Adam Mattern war zweimal Bürgermeister von Sandhausen: 1928 bis 1933 und 1945 bis 1952. Nachdem er 1923 in den Gemeinderat eintrat, wurde er 1928 zum Bürgermeister gewählt. In seine erste Amtsperiode fiel die Weltwirtschaftskrise von 1929. Auch Sandhausen, damals eine arme Gemeinde, hatte unter den weltweiten Folgen massiv zu leiden, wie viele Kommunen im Lande auch. Hohe Arbeitslosigkeit und Steuerausfälle ließen der Gemeinde keinen Spielraum für große Maßnahmen.

Was heute nicht mehr viel wissen: Im Jahre 1929 wurden Planungen für eine elektrische Straßenbahn von Heidelberg über Kirchheim und Sandhausen nach Walldorf begonnen. Aufgrund der Wirtschaftskrise wurde dieses Projekt nicht mehr weiterverfolgt.

Nachdem die Nationalsozialisten die Macht im Januar 1933 übernommen hatten, wurde daraufhin dem Bürgermeister Mattern die Zuständigkeit über die Ortspolizeibehörde entzogen.

Am 29. August 1933 wurde er wegen seiner politischen Überzeugung – Mattern war Sozialdemokrat – aus seinem Amt entfernt. Ohne eine Verabschiedung des Nachfolgers, völlig würdelos. Außerdem erhielt er nur noch kurze Zeit ein Gehalt. Ab Mitte Dezember 1933 bekam er nicht nur kein Gehalt mehr, sondern musste auch auf seine Pension verzichten. Durch verschiedene Tätigkeiten konnte er mühevoll seine Familie ernähren. Teilweise war er auch arbeitslos.

Das gleiche Schicksal der Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten, traf auch den damaligen Bürgermeister von St. Ilgen, Willi Laub.

Nachdem der Krieg in Sandhausen beendet war, wurde er im April 1945 von der amerikanischen Militärregierung wieder ins Amt des Bürgermeisters berufen, welches er bis 1952 ausübte. In dieser Zeit hat sich Adam Mattern erhebliche Verdienste erworben und an der Lösung des wohl dringendsten Problems erfolgreich gearbeitet:

Der Beschaffung von Wohnraum. Der Gemeinde wurden nach dem Krieg ca. 1.200 Flüchtlinge aus dem Osten zugewiesen. Durch Gründung eines Hausbauvereins ging die Gemeinde dieses Problem an. Baugebiete wurden ausgewiesen und erschlossen aber diese Aufgabe war so gewaltig, dass sie sich bis Ende der 1950er Jahre zog.

Eine der allerersten Dinge, die erledigt wurden: In der ersten Gemeinderatsitzung nach dem Krieg wurden Straßenbenennungen rückgängig gemacht welche 1933 durch die Nationalsozialisten erfolgten.

Adam Mattern machte sich verdient durch die Ansiedlung von Tabakindustriebetrieben (Bruns bey Rhein in der Mozartstraße, Flick in der Bahnhofstraße). Nebenbei mussten auch noch viele Infrastrukturmaßnahmen ergriffen werden wie Straßenausbesserungen und Kanalisation.

Im Jahre 1952 erkrankte Adam Mattern schwer und er musste zum 1. Oktober 1952 sein Amt aufgeben. Sein Nachfolger wurde Albert Schmitt. Lange Zeit blieb Adam Mattern nicht mehr: Am 5. Juni 1952 verstarb er in seiner Wohnung.

Vieles ist heutzutage nicht mehr bekannt. So hat er sich 1931 darum bemüht, zusammen mit St. Ilgen eine Großgemeinde zu bilden, die dann leistungsstärker gewesen wäre. Aber St. Ilgen hat dieses Ansinnen damals vehement abgelehnt.

Die Gemeinde hat ihn durch die Benennung einer Straße geehrt, eine Straße welche in seiner Amtszeit erschlossen wurde.

 

Die Ausstellung im Foyer der Bücherei ist noch bis zum 17. Februar 2024 geöffnet Wir laden Sie herzlich ein, die zahlreichen und interessanten Dokumente anzusehen.

Wenn Sie Fragen zu Adam Mattern haben: Hierfür steht Ihnen unser Vorstandsmitglied Wilfried Hager unter der Telefonnummer 0151/25884290 gerne zur Verfügung.